„Matica hrvatska“ heißt der für wenig sprachkundige Menschen nur schwer fehlerfrei auszusprechende Verein. „Kroatisch ist sehr schwer zu lernen“, sagt Josip Markovic lachend. Übersetzt heißt das so viel wie „Stamm-Mutter Kroatien“. 1991 wurde er in Bochum gegründet, erklärt der Vereinspräsident. Er ist im gesamten Ruhrgebiet aktiv. Es war einer der ersten Vereine von „Matica hrvatska“ in Deutschland.
Verein engagiert sich seit 1842 für die Pflege von kroatischer Sprache und Kultur
Damals war das sehr mutig: Die Menschen lebten im Einflussbereich der Österreichisch – Ungarischen „KuK-Monarchie“- Deutsch und Ungarisch waren Amtssprache. Erst 1918 löste sich Kroatien von Österreich-Ungarn. Doch die Selbstständigkeit war ihnen nicht lange vergönnt. Im jugoslawischen Vielvölkerstaat, der sich selbst die neue Kunstsprache Serbokroatisch verordnet hatte, passte ein solcher Verein nicht. Der traditionsreiche Verein wurde daher 1971 verboten. „Und das, obwohl er nicht direkt politisch gearbeitet hat“, verdeutlicht Markovic.
Ab 1991 gab es einen Neustart und auch außerhalb Kroatiens gründeten sich Ableger. Der Verein ist bei den meisten Kroaten hoch angesehen. „Wenn ich einem Deutschen erkläre, was der Verein ist, vergleiche ich ihn mit dem deutschen Goethe-Institut.“ Auch wenn der Vergleich etwas hinkt. Denn Sprachkurse bietet er explizit nicht an. Das ist die Domäne der kroatischen Missionen der römisch-katholischen Kirche sowie der Kroatisch-Schulen. Außerdem gibt es in fast allen größeren Städten muttersprachlichen Unterricht an den Regelschulen.
Identitätsstiftung und Pflege des kulturellen Erbes
Doch trotz dieses guten Angebots sind bei vielen Kroaten, deren Eltern in den 1960er- und 1970er-Jahren nach Deutschland kamen, mehr und mehr die kulturellen und sprachlichen Wurzeln verblasst.
Bei den Menschen, die in den 1990er Jahren kamen, ist das nicht viel anders. Daher gründeten engagierte Kroaten den Verein. „Wir wollen Identität für hier lebende Kroaten stiften, kulturelles Erbe pflegen sowie Toleranz und Zusammenleben mit Deutschen fördern, erklärt Jadranka Gradac. Sie selbst ist seit mehr als 20 Jahren in Deutschland.
„Ich hatte aber kein Kontakt zum kroatischen Milieu und immer mit Deutschen zu tun“, berichtet die Tierärztin. Ihre deutschen Schwiegereltern interessierten sich aber für die die kroatische Kultur und Sprache und nahmen ihre kroatische Schwiegertochter auch zu einem Liederabend von „Matica hrvatska“ in der Auslandsgesellschaft mit.
Schwerpunkt der Arbeit liegt auf Kunst und Literatur
„Erst da habe ich gemerkt, dass mir die kroatische Sprache gefehlt hat. Über den Verein verliebte sie sich in die kroatische Literatur. Mittlerweile engagiert sich die Vizepräsidentin des Vereins quasi auch als „Literaturbotschafterin“ von „Matica hrvatska“. Das Besondere: Der Verband in Kroatien ist gleichzeitig ein Verlag, der Klassiker und moderne Werke kroatischer SchriftstellerInnen herausgibt.
Der Verein, der im Ruhrgebiet rund 40 Mitglieder hat, kann immer rund 200 bis 250 Gäste bei seinen Veranstaltungen begrüßen. Überwiegend sind es gebürtige Kroatinnen und Kroaten. Aber auch Deutsche, die kroatische Partner oder Verwandte haben, kommen. Dazu gehört auch Yvonne Cadež. Gleich am ersten Tag an der Uni hatte sie ihren späteren Mann kennengelernt. In fast allen Ferien besucht sie dessen Familie in Dubrovnik.
Sie versucht, ihre Kinder zweisprachig zu erziehen. „Aber bei einer deutschen Mutter gibt es immer ein Übergewicht des Deutschen. Unsere Kinder verstehen kroatisch gut, aber das sprechen fällt schwerer. Das ist ausbaufähig“, räumt Cadež ein. Daher ließ sie die Kinder auch den Kroatischunterricht besuchen und engagiert sich im Verein.
Verein engagiert sich auch unter dem Dach der Auslandgesellschaft
Cadež hält auch den Kontakt zur Auslandsgesellschaft und organisiert hier Veranstaltungen. Denn sie lebt und arbeitet in Dortmund, Josip Markovic ist in Mülheim an der Ruhr und Jadranka Gradac in Essen zu Hause. Prof. Krešimir Veselic und seine Frau Djurdjica hatten über Jahre den Verein geleitet und auch die Kontakte zur AGNRW geknüpft. Die Kontaktpflege übernimmt nun Yvonne Cadež.
„Als kleiner Verein brauchen wir immer Kooperationspartner“, verdeutlicht Gradac. Die Auslandgesellschaft Nordrhein-Westfalen - als große Organisation mit vielfältigen internationalen Kontakten und ebenfalls einem hohen Ansehen - war dabei der ideale Partner. „Sie unterstützen uns immer, auch in anderen Städten. Die Auslandsgesellschaft ist sehr offen in der Zusammenarbeit und hat immer ein offenes Ohr auch für kleine Organisationen“, lobt Jadranka Gradac. „Wir fühlen uns hier sehr wohl“, ergänzt Josip Markovic.
Vielfältiges Programm mit Liederabenden, Vorträgen und Ausstellungen
Neben den zwei Mal im Jahr stattfindenden Liederabenden gibt es hier auch Vortragsveranstaltungen. In anderen Städten organisiert der Verein auch Konzerte, Ausstellungen und Lesungen – meistens in Kombination, um mehr Leute anzusprechen. Der Verein hat auch einen Chor „Matica hrvatska“ unter der Leitung von Prof. Krešimir Veselic, der in der kroatischen Kirchengemeinde in St. Aposteln in der Nordstadt zu Hause ist.
Für die künstlerischen Angebote zeichnet Josip Markovic verantwortlich. Der Kunsttherapeut und Künstler hat viele Ausstellungen organisiert und damit die Arbeit des Vereins um eine interessante Facette erweitert.
Sie wollen ihre Angebote in Dortmund noch ausbauen und vielleicht auch mit der AGNRW Studienreisen nach Kroatien anbieten. Der erste Kontakt ist angebahnt. Vor allem Literaturreisen möchten sie anbieten. „Werbung für Kroatien als Reiseziel müssen wir nicht mehr machen, wohl aber für die Literatur“, sagt Gradac lachend.
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